„Die Berliner Politik braucht einen Blick auf Kinder und Jugendliche über Ressortgrenzen hinaus“4/5/2016 Im Interview auf www.jugendhilfe-bewegt-berlin.de beantwortet Tilmann Weickmann, Geschäftsführer des Landesjugendring Berlin, fünf Fragen über eine nachhaltige Kinder- und Jugendpolitik in einem wachsenden Berlin und stellt die Initiative "JUGEND WÄHLT BERLIN" vor. Berlin wächst seit Jahren – und ist besonders unter jungen Menschen beliebt. Was bedeutet das für die Jugend- und Jugendverbandsarbeit? Wenn die Zahl der Kinder und Jugendlichen steigt, sind zunächst auch mehr Angebote der Jugend- und Jugendverbandsarbeit notwendig. Dabei müssen aber zwei Dinge in den Blick genommen werden: Im Rahmen der sozialräumlichen Orientierung der Jugendarbeit muss geschaut werden, wo die Zahl der jungen Menschen vor allem zunimmt, dort müssen Schwerpunkte gesetzt werden. Und zum anderen ist es wichtig, Angebote zu machen, die an den Interessen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen ansetzen und die sie dabei unterstützen, selbst aktiv zu werden. Dabei müssen sowohl die neu nach Berlin kommenden jungen Menschen im Blick sein als auch die, die schon lange hier leben. Wodurch wird Berlin zu einer besseren Stadt für Kinder und Jugendliche?
Ganz klar: Die Stadt wird dann eine bessere Stadt für Kinder und Jugendliche, wenn sie mehr mitbestimmen dürfen und ihre Interessen und Bedürfnisse von Politik und Verwaltung ernst genommen werden. Dazu müssen Politik und Verwaltung besser verstehen lernen, was junge Menschen sagen. Sie äußern sich nämlich oft nicht so, wie sich Erwachsene das vorstellen. Daran kranken manchmal auch gut gemeinte Partizipationsprojekte. Wenn die so aussehen, dass Erwachsene die Formen und Methoden vorgeben, darf man sich nicht wundern, wenn man damit nur wenige Jugendliche erreicht. Erwachsene Entscheidungsträger_innen müssten viel öfter dahin gehen, wo Jugendliche sind und ihnen einfach zuhören. Und zwar zu den Themen, die Jugendliche vorgeben und nicht zu Fragen, die die Erwachsenen mitbringen. Gerade Jugendverbände als Selbstorganisationen von Jugendlichen können hier so etwas wie eine Übersetzungsfunktion wahrnehmen. Wie sieht eine nachhaltige Politik für Kinder und Jugendliche in Berlin aus? Eine nachhaltige Jugendpolitik stärkt die Strukturen und entwirft nicht ein Sonderprogramm nach dem anderen. Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit sind seit Jahren absolut unterfinanziert. Das betrifft sowohl die Förderung durch die Bezirke als auch durch das Land. Es ist unbedingt notwendig, dass die Strukturen, die Partizipation, Bildung und Engagement junger Menschen fördern, auskömmlich finanziert werden. Seit mehr als 10 Jahren ist die Förderung von freien Trägern in diesem Bereich nicht oder nur so gering erhöht worden, dass nicht einmal Tarifsteigerungen komplett ausgeglichen werden konnten – von der Entwicklung des allgemeinen Preisindex mal völlig abgesehen. Das führt dazu, dass einzelne Angebote der Jugend- und Jugendverbandsarbeit reduziert werden mussten oder qualitativ nicht weiterentwickelt werden konnten. Im Rahmen der Kampagne vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl JUGEND WÄHLT BERLIN erarbeitet der Landesjugendring ein „Junges Wahlprogramm für Berlin“. Was muss man sich darunter vorstellen und was möchten Sie damit erreichen? Wir wollen mit dem „Jungen Wahlprogramm für Berlin“ vor der Wahl deutlich machen, an welchen Stellen aus der Sicht von jungen Menschen sich in der nächsten Legislaturperiode politisch etwas ändern muss. Wir haben Forderungen von Kindern und Jugendlichen aus unseren Mitgliedsverbänden gesammelt und wollen sie bis zur Wahl nach und nach veröffentlichen. Kurz vor der Wahl soll das „Junge Wahlprogramm“ dann an die Spitzenkandidat_innen der Parteien übergeben werden. Die Berliner Politik braucht einen Blick auf Kinder und Jugendliche, der über Ressortgrenzen hinausgeht. Das Junge Wahlprogramm für Berlin versteht sich als Anstoß dazu. Wir möchten damit zu einem Perspektivwechsel in der Berliner Landespolitik beitragen. Welche Forderungen sind das zum Beispiel und wo kann man sich darüber informieren? Wir haben die Forderungen junger Menschen unter den drei Überschriften „Wachsende Stadt“, „Bessere Stadt“ und „Mitbestimmung in der Stadt“ zusammengefasst. Es geht darum, die Mitbestimmungsmöglichkeiten junger Menschen zu verbessern oder Vielfalt in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu fördern – hierbei denken wir auch an Angebote für junge Geflüchtete, die ausgebaut werden müssen. Hier hatten wir uns vom „Masterplan Integration und Sicherheit“ des Berliner Senats eigentlich klarere Perspektiven für die Jugendarbeit erhofft. Weitere Forderungen sind beispielsweise die nach einer Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre, die Forderung nach einer jugendgerechten Verkehrspolitik oder nach besseren Chancen für Kinder und Jugendliche, die von Armut betroffen oder bedroht sind. Im begleitenden Blog unter www.jugend-wählt-berlin.de zeigen wir zudem, was Berliner Jugendverbände als Reaktion auf die Forderungen von Kindern und Jugendlichen tun. Dabei entsteht ein breites Bild der Leistungsfähigkeit und Vielfalt von Jugendverbänden. Erschienen auf www.jugendhilfe-bewegt-berlin.de Fragen: Andreas Schulz, Referat Jugendhilfe beim PARITÄTISCHEN Berlin.
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Wieso 'Jugend wählt Berlin'?Mit "Jugend wählt Berlin" macht der Landesjugendring Berlin deutlich, was eine kinder- und jugendgerechte Stadt heute braucht. Hintergrund ist die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 18.09. 2016. Am 9.9.2016 fand die Kinder- und Jugendwahl U18 statt. Weitere Informationen unter u18.org/berlin-2016
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September 2016
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